Puerto Natales – San Fernando
An unserem letzten Tag in Puerto Natales nehmen wir es gemütlich. Da wir erst am Abend um 21Uhr auf die Fähre können, nutzen wir die Zeit um in Ruhe unser Packkonzept zu optimieren, „Wohnungsputz“ zu betreiben und viel Kaffee zu trinken. Während der Woche auf dem Camping, bei kühlen Temperaturen und vielem Nichtstun, ist der Kaffeekonsum rapide, von zwei auf bis zu fünf Tassen pro Tag angestiegen. Der Schokolade und Kekse Umsatz hingegen, weiste keine signifikanten Veränderungen auf. Da jedoch die körperliche Betätigung im Vergleich zum üblichen Fahrrad- fahr- Alltag drastisch abgenommen hat, ist ein Aufbau von kleinen Fettpölsterchen, hauptsächlich spürbar im Bauchbereich, unvermeidbar. Aber da wir ahnen können, was in den kommenden Monaten noch auf uns zu kommt, nehmen wirs gelassen und fröhnen uns voller Hingabe an den ungesunden Genussmitteln, nach denen unser Körper täglich lechzt und geben ihm so diese Befriedigung .. widerstandslos. Schliesslich gibt es uf Reise genügend Situationen wo wir stark sein müssen. Immer wieder werden wir mit unseren eigenen Grenzen konfrontiert und sind oft gezwungen, gegen den inneren Schweinehund zu kämpfen und zu siegen – etwas anderes gibts nicht. Was negativ klingt, wirkt sich bei erfolgreicher Ausführung aber sehr positiv auf die eigene psychische, mentale und körperliche Verfassung aus. Grenzen sind nicht mehr das was sie vorher waren, starr und unüberwindbar. Sie werden flexibler, eine Überforderung zur Herausforderung und 800 Höhenmeter und 80 Kilometer an einem Tag ein Klacks. Aber die Welt ist erst durch Gegensätze wirklich zu Er-fahren. Wie mit Yin und Yang. Anspannung und Entspannung. Heiss und Kalt. Schweissgebadet, schweratmend den Berg hinauf trampelnd und in der Hängematte Schoggi essend und Kaffee trinkend. Schliesslich muss der Schweinehund auch mal gefüttert werden.
Jedenfalls gehen wir dann nochmals auswärts Essen und Limonaden trinken, um irgendwie die Zeit bis um Mitternacht tot zu schlagen. Das Schiff hat wegen schlechtem Wetter etwa drei Stunden Verspätung. Als es dann Zeit ist zum boarden, treffen wir Aviva und Roman aus Frankreich wieder. Wir hatten uns schon auf dem Camping Yellow Plum Tent House kennengelernt. Wir steigen ein und werden freundlich vom Personal begrüsst. Es gibt ein paar Infos und danach dürfen wir um 1.30 Uhr endlich in unsere Kabinen. Wir haben ein Viererzimmer gebucht, sind aber alleine weil die Fähre längst nicht voll ist. Rasch schlafen wir ein.
Am Morgen werden wir pünktlich um acht Uhr vom netten Herrn Gästebetreuer mit einer euphorischen „Goooood morning Ladys and Gentlemans…“ Ansage geweckt und darauf hingewiesen, dass das Frühstück bereit ist. Wir sind nun bereits schon seit über zwei Stunden unterwegs und befinden uns schon mitten in den beeindruckenden Fiords. Leider ist es bewölkt, etwas neblig und zwischendurch regnet es auch ein bisschen.
Trotzdem geniessen wir unsere erste längere Schifffahrt und sind positiv überrascht vom guten Essen. Schon wieder Essen? Die allgemeine Athmosphäre auf dem Schiff ist sehr angenehm. Es wird viel miteinander Geplaudert und Spiele gespielt. Wifi gibts natürlich nicht. Alkohol auch nicht. Es werden von der Crew aber diverse Aktivitäten angeboten, unter anderem auch Yoga. Da wir, seit wir unterwegs sind, nicht mal öfters als eine Hand Finger hat, gedehnt haben (so ists mit den guten Vorsätzen halt), bin ich sofort dabei. Zwar eher schlecht als recht (jeder der mich gut kennt, weiss was ich meine), aber am Schluss fühlt es sich doch immer irgendwie gut an. Und ausserdem, Yoga auf einem Schiffsdeck, bei Sonnenschein, vorbeiziehenden Fiords und springenden Seehunden…was will man mehr?
Am Abend spielen wir dann zu Viert ein Spiel mit einem Holzklötzchen-Turm. Das Kind in uns erwacht und Jemand schlägt vor, einen Turm bis zur Decke zu bauen. Challenge accepted. So sind wir den ganzen Abend beschäftigt und freuen uns unheimlich als wir es dann auch, wider erwarten, tatsächlich schaffen. Das Schiff schaukelt ständig, die Aufgabe ist nicht ohne.. Freude herrscht!
Die kommenden zwei Tage sind dann unerwartet sonnig und warm.
Wir geniessen die super schöne Aussicht und werden sogar für das stundenlange whale watching belohnt. Mehrere Male sehen wir kleinere Wahle oder weiter entfernt Wasserfontänen in die Luft spritzen. Meine Träume werden wahr.
Am Morgen machen wir auch noch einen kurzen Stopp in Puerto Eden, ein völlig abgelegener, kleiner Ort im Nirgendwo. Nur einmal die Woche kommt eine Fähre vorbei und die meiste Zeit regnets. Es ist für uns unvorstellbar dort zu leben. Irgendwann fahren wir dann raus aus den Fjorden aufs offene Meer hinaus.
Von da an sehen wir Roman kaum mehr. Der Arme wurde sehr schnell Seekrank und musste sich hinlegen. Erst gegen Abend, beim Abendessen, bemerken auch wir ein flaues Gefühl im Magen. Die Wellen sind jedoch bei weitem nicht so stark, wie sie bei einem Unwetter sein könnten. Beim Nachtessen sind nicht viele Gäste anzutreffen. Kurz danach gehen auch wir zu Bett, bevor es noch schlimmer wird.
Am letzten Tag auf dem Meer holen wir uns noch einen schönen Sonnenbrand in unserer Hängematte (installiert am Mast und der Reling) und dürfen in einem Tanzfilm von Aviva und Roman Statisten spielen.
Als wir wider erwachen, haben wir schon lange in Puerto Montt angelegt. Wir dürfen noch in Ruhe Frühstücken und verlassen dann die Navimag (so heisst die Fährgesellschaft übrigens) und machen uns auf zum uns bekannten Busterminal an der Küste Puerto Montts. Wir wollen einen Bus bis nach San Fernando (südlich von Santiago) finden, der uns und unsere Räder mitnimmt. Wir finden eine Busgesellschaft, Platz ist aber erst am kommendem Tag. Also verbringen wir nochmals eine Nacht im „wunderschönen“ Puerto Montt. Wir finden ein gutes und günstiges airbnb und lernen so auch noch ein anderen Stadtteil kennen. Und Urs bekommt noch seine lang ersehnten Jalapeño Popcorn (und deswegen weniger lang ersehnten Durchfall).
In der Stadt herrscht ein riesen Gewusel. Überall ertönt Weihnachtsmusik und ALLE sind Geschenke am einkaufen.
Als wir so durch die Strassen schlendern wird uns fast übel von dieser Reizüberflutung. Nach so langer Zeit Abgeschiedenheit und Ruhe auf der Carretera Austral…
Am nächsten Abend, dem 22.12 geht dann unser Bus. Wir schlafen eher schlecht als recht und kommen nach etwa elf Stunden Fahrt in San Fernando an. Wir fahren in die Stadt hinein und begegnen schon am Sonntagmorgen vielen Renn- und Mountainbikefahrern. San Fernando ist uns sofort sympathisch. Wir werden auch mehrmals, anders als im Süden von Chile, von Einheimischen angesprochen und ausgefragt. In einem Park warten wir dann bis zum Mittag, wo wir uns mit einem Couchsurfer verabredet haben. Ich genehmige mir ein Nap auf der Parkbank bis er kommt.
Unser heutiger Gastgeber heisst Nicolas und ist Jurist. In seinem Apartment werden wir mit einem grosszügigen Pool überrascht.
Das ist auch nötig, die Hitze der Sonne treibt uns den Schweiss aus allen Poren. Eine ganz neue Erfahrung! Endlich ist Flip-Flop Zeit! Das, wovon wir schon die ganzen kalten Tage und Nächte geträumt hatten! Und es vergeht kaum eine halbe Stunde bis von Jemanden ein kaum vernehmbares „phu…es isch eifach zheiss“, ertönt. Viellecht hätten wir die Strecke von Puerto Montt bis San Fernando doch als Übergangszeit für die Anklimatisierung nutzen sollen? Naja, auf jedenfall verbringen wir einen netten Abend bei sehr angenehmer Gesellschaft von Nicolas und seiner Freundin. Er ist ein toller Gastgeber und es gibt ein leckeres Asado, gute Gespräche und ein erfrischendes Bad im Pool.
San Fernando – San Antonio
Nicolas muss um 9 Uhr zur Arbeit und wir entschliessen uns auch gleich aufzubrechen. Heute wird es wieder 35c in San Fernando und wir möchten deshalb schon am Vormittag den grössten Teil der 42 km nach Santa Cruz zurücklegen. Wir befinden uns nun in der Weinregion Chiles und so fahren wir die ersten 20km auf abgelegenen Strassen (wieder mal Ripio) entlang von Weingütern. Die Szenerie erinnert leicht an Italien, allerdings ohne schöne alte Gebäude. Dafür gibts hier weiter die für Chile so typischen, etwas schäbig wirkenden, Wellblechhäuser (wir werden übrigens später aufgeklärt, dass die Häuser so „luftig-flexibel“ gebaut werden, weil es hier so viele Erdbeben gibt. Dies macht für uns Sinn in warmen Regionen, im kalten Süden die Häuser deswegen nicht zu isolieren und 3/4 des Jahres zu frieren (!), wirkt aber unsinnig). Ausserdem ist dies wohl eher eine Erklärung für Touristen. Nach 20km endet dann die Weinroute und wir kehren auf die viel befahrene Hauptstrasse zurück. Der Wind bläst uns ins Gesicht, verglichen mit den patagonischen Winden ist dies aber ein Klacks und wir beachten ihn kaum. Kurz bevor wir in Santa Cruz eintreffen, kommen wir noch an einem Wein-Outlet vorbei – Sachen gibts.. Da wir am Vorabend aber bereits genug Bier hatten, entschliessen wir uns nicht zu stoppen.
Heute ist schon der 24. Dezember. Für uns beide ist es das erste Mal, dass wir Weihnachten nicht zu Hause, dafür aber bei 33c verbringen.
Um dennoch der Schweiz etwas näher zu sein, haben wir zwei Nächte im Casa Suiza in Santa Cruz gebucht (Zudem wurde es uns von diversen Reisenden empfohlen).
Das Casa Suiza wurde 2017 von Moritz aus Roggwil gegründet. Wie sich herausstellt, haben Urs und Moritz sogar gemeinsame Bekannte in der Region Langenthal. Zwei Freunde aus der Schweiz, die gesehen haben, dass wir in Chile unterwegs sind, melden sich und drei weitere Reisende empfehlen es uns während unserer Zeit in Chile.
Der schweizerische (und kanadische) Einfluss ist in diesem Hotel deutlich zu spüren. Alles ist super sauber, alles funktioniert. Fränzi denkt nicht eine Sekunde daran heute den Hüttenschlafsack auszupacken – so sauber ist es. Überhaupt fühlen wir uns sehr wohl und freuen uns, Weihnachten hier zu verbringen. Dazu kommt, dass die Hotelcrew selbst eine Leidenschaft fürs Fahrradtouren hat und Fahrrad-Wein-Touren anbietet. Gleich beim Check-in lernen wir auch, dass zufälligerweise ein weiterer Fahrradreisender zwei Nächte hier eingecheckt hat. Es handelt sich um einen Franzosen, Giles (richtiger Name der Redaktion nicht mehr bekannt), der seit sechs Jahren unterwegs ist. Im Gegensatz zu uns ist er aber nicht mit Rahmentaschen, sondern mit einem extra für ihn angefertigten, wasserdichten und abschliessbaren Anhänger unterwegs. Ein hervorragendes Konzept, besonders für Alleinreisende. Somit sind wir plötzlich vier begeisterte Fahrradtourer im selben Hotel – viel Gesprächsstoff und Fachsimpeln damit garantiert. Wir kochen alle zusammen (Pizza) und geniessen den Heiligabend draussen bei angenehmen 28c.
Weihnachten grüsst uns mit 32c und prallem Sonnenschein. Fränzi macht was sie am liebsten macht und schläft bis 10 Uhr aus (Kommentar Fränzi: „10ni gaht etz ämel na“). Nebst entspannen, steht heute sowieso nicht viel auf dem Programm, nur ein Veloservice durchzuführen und die neuen Fahrradketten aufziehen. Gemütliches Programm also und wir lassen uns Zeit. Für den Service benötigen wir 4 Stunden – aber man soll an Weihnachten sowieso nicht arbeiten.
Nachmittags checkt dann ein Gast aus Venezuela im Casa Suiza ein. Wir reden mit ihm über die Situation in Venezuela und die Welt. Zwischendurch tauschen wir, Fränzi und Urs, uns auf Schweizerdeutsch aus, quasi zum Fact-check, und siehe da, der Venezolaner kommentiert mit einzelnen Mundartwörtern! Wir wundern uns und finden rasch heraus, dass er mit Nachnamen Ochsner heisst (und nein Family Rüegg, er kannte Patent Ochsner nicht). Sein Grossvater war aus der Schweiz nach Venezuela ausgewandert, hat ihm die ganze Schweizer Folklore (Tell, Morgarten, etc.), Gründungsgeschichte und das politische System beigebracht. Und zwar akkurat und auf heute noch gültige Weise. Sein Grossvater war der Zeit definitiv voraus (ausserdem war er im Schweizer Militär Scharfschütze und hat seinem Enkel das schiessen beigebracht;-)). Herr Ochsner hat in seinem wenigen Gepäck, dass er Mitführt, ein Schweizer Armeehandbuch aus den 60er Jahren! Urs ist total fasziniert und vertieft sich, während des Essen und für fast eine Stunde, komplett in das Handbuch (Fränzi ist deswegen weniger begeistert, lässt Urs aber in Frieden) (Anmerkung Urs: Das Handbuch erklärt einem Soldaten das Verhalten der Schweiz und seine Aufgabe im Kriegsfall (ca 100 Seiten), ist ein Artefakt, voller patriotischer Indoktrinierung und Zeichen des Zeitgeists). Die Gespräche über die Schweiz und Venezuela gehen noch lange weiter. Wir haben nun schon einige Venezolaner getroffen. Venezuela ist ein wunderschönes Land, wir werden es aber auf keinen Fall besuchen. Es ist einfach zu gefährlich. Sogar für Venezolaner. Herr Ochsner erzählt uns wehmütig, dass er das Venezuela seiner Väter nur aus Erzählungen kennt – echt schade. Das macht auch uns traurig, es muss brutal sein nur von den ehemals goldenen Zeiten seines Landes zu hören, selbst aber nur die Probleme zu kennen. Deshalb wandert er aber nun nach Chile aus – womit er sicher zu den Privilegierten seines Landes gehört.
Am 26. Dezember fahren wir weiter nach Pichilemu. Dorthin sind es 80km und ca 1200m aufwärts. Die Landschaft wird nun noch trockener bis es ca 20km vor dem Ziel richtig sandig wird.
Die Fahrt ist angenehm, es gibt nur wenig Verkehr und auch die Hitze ist mit dem Fahrtwind gut auszuhalten. Um 16h00 kommen wir in Pichilemu an. Pichilemu liegt zwar nicht direkt auf unserer Route, wurde uns aber diverse Male von Reisenden empfohlen. Der Ort sei das Surfer-Mekka Südamerikas. Wellen gibt es immer und sie sind im Schnitt 2-2.5m hoch. Als wir ankommen sind die eindrücklichen Wellen da, doch die Ortschaft ist halb leer. Wir haben es wieder mal geschafft, wir sind zu früh! Die Hauptsaison beginnt genau am 30. Dez, und kein Tag zuvor. Der Campingmanager erklärt uns später auch, dass ab 30 Dez. alles ausgebucht ist, im Moment aber nur vier Gäste da sind (Die Chilenen haben nur 3 Wochen Urlaub pro Jahr, weshalb alle immer zu Feiertagen unterwegs sind). Wir sind etwas enttäuscht, da wir eigentlich einen Ballermann mit Surfern erwartet haben und hier bis Neujahr Caipirinhas am Strand schlürfen wollten. Stattdessen herrscht nun tote Hose. Ernüchternd entschliessen wir uns deshalb nach zwei Nächten unser Zelt wieder abzubauen und Neujahr in Valparaíso zu verbringen. Ausserdem haben wir genug vom herum lauern, die Strasse ruft! Die Zeit in Pichilemu war aber dennoch schön. Fränzi hat die Kilometerlangen Strände abgewandert und Urs die 100 Food-Trucks ausprobiert, die zum Glück schon geöffnet hatten. Und für alle die sich fragen: Wir haben uns dagegen entscheiden hier zu Surfen. Der Humbolt-Strom hält das Meer mit 12c angenehm eiskalt. Wir werden dann in der Karibik Wellensurfen.
Am 28. fahren wir weiter Richtung Valparaíso. Wir möchten die 250km in 3 Tagen fahren. Gleich nachdem wir Pichilemu verlassen erwartet uns ein 600m Aufstieg, welchen wir bereits von der Hinfahrt kennen. Zum ersten Mal während unserer Reise hören wir deshalb, um uns etwas von der Anstrengung abzulenken, Musik über die iPhone Lautsprecher. Die Latin-Musik entfaltet denn auch ihre Wirkung und wir kommen gut gelaunt in nur 90 Minuten auf dem Pass an. Es gibt einen kurzen Snack und schon wenig später Treffen wir den ersten Fahrradtourer seit Santa Cruz. Einen Chilenen der eine Dreitagestour über Neujahr nach Pichilemu macht. Wir unterhalten uns nur kurz, doch wir erfahren, dass es in San Antonio ein Casa Ciclista gibt. Dies liegt genau auf unserer Route, wir werden da definitiv einen Stop einlegen. Vorerst geht es aber nach Rapel, ein kleines Dörfchen gelegen an einem der hier selten gewordenen Flüsse. Das Dorf liegt in einer kleinen Schlucht, hat ausser der kleinen Abfahrt aber nichts zu bieten. Dafür gibt es am Fluss (lauwarme Pfütze) gleich fünf Campings. Im Gegensatz zur Carretera Austral reicht hier offenbar schon ein knietiefes fliessendes Gewässer um die Leute in Scharen anzuziehen. Es ist aber erst der 28. und 2 der 5 Campings deshalb noch geschlossen. Wir haben die Wahl zwischen einem extrem teuren 17 CHF/pp und dem schlechtesten Camping unserer Reise. Selbstverständlich gehen wir auf den schlechtesten, der dafür nur 3 CHF pro Person kostet. Das Problem dabei sind nicht die Campingplätze selbst, sondern dass sich die Besitzer überhaupt keine Mühe geben. Das erkennt man besonders an den Sanitäranlagen, welche bestimmt noch aus den 80ern stammen und da wohl auch das letzte mal geputzt wurden (Zugegeben, das klingt jetzt schlimmer als es war. Wir haben dies in Chile aber nun einige Male erlebt. Leute könnten mit einem minimalen Aufwand ihre Situation extrem verbessern, doch scheint es dafür einfach keinen Impuls zu geben).
Weiter geht es nach San Antonio zum Casa Ciclista. Wir nehmen es gemütlich und machen über den Mittag, um der extremsten Hitze zu entgehen, im Schatten eines Daches, Siesta. Das wird sich wohl noch etablieren. Einerseits ist es nun zur Mittagszeit extrem heiss, andererseits sind wir mittlerweile Erfahren genug um auch bei grossen Distanzen entspannt zu bleiben. Fränzi schläft sogar ein paar Minuten. Uns fehlt eigentlich nur noch ein Sombrero und Poncho;-). Danach gehts weiter nach San Antonio. Im Casa Ciclista erwartet uns Felipe. Felipe und rund 10 Gönner haben vor zwei Jahren dieses Casa gekauft, fördern den Fahrradverkehr in San Antonio, bieten gratis Reparaturen an und beherbergen Fahrradtourer umsonst (Das Haus war günstig zu haben, weil es Erdbebengeschädigt ist. Felipe erklärt uns auch gleich was im Falle eines Erdbebens zu tun wäre; rauslaufen, nicht rennen(!), und da 15 Minuten warten. Gibts kleinere Nachbeben ist alles gut. Und vor dem Tsunami bräuchten wir uns nicht zu fürchten, da wir leicht erhöht sind). Sehr beruhigend… Was Felipe und seine Freunde aufgebaut haben ist aber erstklassig und sie haben bereits fast 200 Velotourer beherbergt. Der ganze Gemeinschaftsraum ist voller Nachrichten, Zeichnungen und Dankesbriefen von Reisenden. Sie selbst verdienen dabei nichts, die ganze Arbeit wird freiwillig geleistet.
Zur Feier des Tages genehmigen wir uns eine verhältnismässig teure, fast italienische Pizza und fallen dann in unserem Kabäuschen müde zu Bett.
San Antonio – El Tabo 22km
Am Morgen machen wir uns zusammen mit Sergio (Name der Redaktion nicht mehr bekannt, aber er ist ebenfall Verantwortlicher des Casa Ciclista ) auf zur Mall von San Antonio. Er betreibt dort einen kleinen Stand wo er Souvenirs verkauft. Während er auf unsere Räder samt Gepäck aufpasst, machen wir uns auf Entdeckungstour. Es hat sehr viele chilenische Touristen rund um den Hafenmarkt. Wir sehen wieder mehrere riesige Seehunde und auch zum ersten Mal Pelikane, welche alle nur auf Fischabfälle wartend und auf auf den hohen Wellen sitzend versuchen, nicht gegen die Felsen geschwemmt zu werden.
Es gibt auch einen erstaunlich grossen Fischmarkt. Es herrscht ein buntes Treiben und es riecht nach altem Fisch. Der Hafen sei übrigens der grösste Südamerikas, was wir aber stark bezweifeln. Ausserdem gibt es eine Shoppingmall. Urs braucht neue Flipflops, da seine alten im Casa Ciclista am Vorabend vom Hund des Hauses zerfetzt wurden. Er wird sehr schnell fündig und kauft sich neue Sandalen. Danach machen wir uns auf Richtung El Tabo. Wir fahren vorbei an belebten Strassen und Stränden bis wir im Camping El Bosque ankommen.
Während ich die Bäder und Campingplätze inspiziere, plaudert Urs mit dem Campingbesitzer. Er heisst Matthías und war, wie sich rasch herausstellt, ebenfalls mit dem Fahrrad für zwei Jahre in Südamerika unterwegs. Seine nächste Veloreise geht durch Afrika! Er sagt wir sollen uns nicht registrieren und lässt uns Gratis campen. Ich bin immer wieder beeindruckt von der Grosszügigkeit der Menschen hier. Der Camping ist sehr gross und füllt sich während dem Tag immer mehr mit chilenischen Touristen. Jetzt hat die Hauptsaison definitiv begonnen.
Zum Nachtessen wurden wir bereits von Matthías und seinen Freunden zu einem Asado eingeladen. Sie sind uns alle sofort sympathisch und wir kommen in Genuss von einem echt leckeren, und abwechslungsreichen Asado. Wir steuern noch Pebre (Tomatenwürfel, Zwiebelwürfel, Chili) und zum Dessert Schoggibananen bei.
Am nächsten Tag gehen wir an den Strand und das Dörfchen erkunden. Die Strände sind schön, aber wegen sehr hohem Wellengang und vielen Felsen im Meer, ist es verboten zu baden. Das ist auch sonst vielerorts so. Dazu haben sie regelmässig Invasionen der Portugiesischen Galeere (ja, bitte googeln um ein Quallolologe wie Urs zu werden). Zudem ist das Wasser (sogar für uns) saukalt.
Heute ist Neujahr. Das wird auch hier ausgiebig zelebriert. Auf jedem einzelnen Campingplatz brennt ein Feuer für Asado. Auch für uns gibts nochmal eins, zusammen mit unseren Bekanntschaften von Gestern. Ausserdem wird auch noch super leckre, selbstgemachte Pizza serviert.
Zum Abschluss gibts Gitarrenmusik, Champagner und Schoggicreme a la madre (danke Mami) von uns.
Um 1.00 Uhr sind wir bereits in der Heja. Ohrstöpsel rein um die traditionell chilenische, laut aufgedrehte Musik etwas abzudämmen (danke Manuela und Jan) und entspannt ins neue Jahr hinüber zugleiten.
Am 1. Januar gehen wir nochmal an den Strand und hängen im Stadtpark. Da gibt es nämlich Internet. Und wir müssen unsere Couchsurfer- Anfragen checken. Leider Fehlanzeige. Niemand möchte uns in unserer nächsten Station in Valparaíso aufnehmen. Also buchen wir wieder mal ein airbnb und freuen uns auf unser kommendes Ziel. Zum zNacht gibts Linsensalat im Überfluss und dann sind wir sehr früh im Bett. Es wartet wieder eine längere Etappe auf uns. Bei der lauten Musik unserer Nachbarn nützen aber selbst die Ohrstöpsel nicht viel…Ich opfere mich und geh rüber um so freundlich wies eben mit meinem spanisch geht, um etwas mehr Ruhe zu bitten. Eher widerwillig machen sie leiser, so dass wir dann doch noch zu unserem wohlverdienten Schlaf kommen.
Super spannend. Happy New Year. Weiterhin viel spass und glück.
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