Villazon – Uyuni 300km
Wir passieren die Bolivianische Grenze ohne es zu bemerken. Der Argentinische Grenzposten war klar gekennzeichnet und alles gut organisiert. Danach laufen wir über die Brücke, welche über den Fluss führt, der Bolivien und Argentinien voneinander trennt. Verwundert schauen wir uns nach dem Grenzgebäude Boliviens um, doch da ist keines. Dafür unzählige Wechselstuben und Shops mit allerlei Plunder.
Bald entdecken wir einen Polizisten und fragen ihn, wo denn die Immigration sei? Doch er meint nur, das hätten wir sicher bereits alles erledigt. Wir fragen nochmals nach. Wir möchten es auf keinen Fall riskieren uns ohne gültige Einreisedokumente in Bolivien aufhalten. Nach einigem hin und her finden wir dann heraus, das die Papierquittung, die wir am Argentinischen Zoll erhalten haben, unser 30 Tage Touristenvisum für Bolivien ist. Sachen gibts.. Wir wurden auf keinste Weise kontrolliert oder zu unserem Aufenthalt in Bolivien befragt. Wir hätten alles Mögliche nach Bolivien schmuggeln können. Die Mercosur leistet hier ganze Arbeit. Sie ermöglicht hier nicht nur freien, sondern praktisch unkontrollierten Warenverkehr. Schmuggeln lohnt sich aber wohl sowieso nicht, weil hier alles günstiger als in Argentinien ist.
Villazon ist übrigens ein beliebtes Ziel argentinischer Einkaufstouristen. Viele argentinische Reisende, welche wir die letzte Woche getroffen haben, schliessen ihre Reise denn auch mit einem Shoppingbummel in dieser Stadt ab. Deshalb reihen sich die Geschäfte hier zu hunderten aneinander. Jeder will dabei so nahe wie Möglich an der Brücke sein. Genau gleich reihen sich die Schubkarren voller Exportware, Richtung Argentinien, aneinander. Für uns ist aber schnell klar, dass wir hier nicht einkaufen werden. Es gibt JLB Speaker und Addidas Turnschuhe, sicherlich aber nicht die Qualität, die wir auf unserer Reise benötigen.
Die Nacht verbringen wir in einem sehr bescheidenen Hostal Mitten in der Stadt. Nicht nur die Qualität der Produkte hat innert eines Kilometers seit Argentinien abgenommen, sondern auch die Standards in Sachen Hygiene. Wir übernachten in einem schäbigen Hostal mit fensterlosen Zimmer und durchgelegen Matratzen. War aber immer noch das beste der drei Unterkünfte, die wir uns angesehen haben. Was solls..
Den ersten Tag in einem neuen Land etwas Pech zu haben, hat auf unserer Reise schon Tradition. Wir nehmen‘s gelassen und freuen uns darauf Bolivien noch richtig kennen zu lernen. (Das Zimmer neben uns hat übrigens eine Bolivianische Familie gemietet. Sie füllen den 9m2 grossen Raum mit etwa 30 Säcken und 3 Kindern. Abends sind sie dann plötzlich weg?).
Am nächsten Tag fahren wir früh los nach Tupiza. Wir möchten da sicher zwei Nächte bleiben und uns wieder etwas tiefer auf 3000m an die Höhe zu gewöhnen.
Tupiza ist berühmt für diverse Naturhighlights und seine Geschichte mit Butch Kassidy. Er hat sich hier eine Zeit lang auf seiner Flucht versteckt und unter anderem unsere Unterkunft ausgeraubt. Hier versucht sich aber jeder mit dieser Geschichte irgendwie in Verbindung zu bringen. Tupiza gefällt uns beiden gut. Die Stadt ist lebendig und für uns eine neue Erfahrung. Unzählige TukTuks fahren durch die Strassen, Händler rufen an den Märkten ihre Produkte aus und wir sind fast die einzigen Touristen. Dementsprechend fallen wir auch auf. In der Masse unterzugehen ist ab hier ganz unmöglich. Vorallem Fränzi fällt mit ihrer Grösse und den blonden Haaren auf wie ein Leuchtturm.
Hinter dem Hostal „Casa del Baron“ dürfen wir unser Zelt an herrlicher Lage aufschlagen.
Das Casa ist ein historisches Gebäude der Kolonialzeit und wird von einem jungen, äusserst freundlichen Ehepaar geführt. Wir kriegen eine Führung durchs Haus und die hauseigene Brauerei, inkl. Willkommensbier. Wir geniessen die Zeit hier sehr! Während des Tages erledigen wir unsere Sachen, abends sitzen wir mit Mario auf der Terrasse und erzählen uns Geschichten. Mario ist ein hervorragender Gastgeber, erzählt uns viel Wissenswertes über Bolivien und zeigt uns sogar ein paar Zaubertricks. Schnell lernen wir, dass leider auch Bolivien von einer reichen Elite regiert wird und einen Präsidenten hat, der kürzlich die Verfassung abgeändert hat, um dieses Jahr nicht abtreten zu müssen. Die Wahlen sind Ende dieses Jahres, mit fairness rechnet bereits jetzt schon niemand.
Bolivien ist eine komplett andere Welt als Chile und Argentinien. Die Leute sehen anders aus und leben eine andere Kultur. 60 % der Bevölkerung ist indigener Herkunft, also unbeeinflusst von europäischen Genen. Auch deshalb fallen wir so auf. Allgegenwärtig ist aber leider auch Armut. Viele Häuser sind im Adobestil (Erdblöcke) gebaut, und zwar auch in den Städten, es gibt zu wenig Arbeit und, aufgrund der tiefen Einkommen, kaum westliche Produkte. Eingekauft wird am Markt, ringsherum bieten unzählige Verkäuferinnen, vor Ort zubereitetes Essen an und verkaufen Getränke, manchmal aus Kübeln. An jedem Markt gibt es eine Zone für Gemüsestände, „Metzgereien“ (Alles ungekühlt. Meist hängt einfach ein Tier an einem Haken, wovon Stück um Stück abgeschnitten und verkauft wird, bis nur noch die Wirbelsäule am Haken ist) und Zonen für alles übrige. Wir sind fasziniert, üben aber noch Zurückhaltung und kaufen ausschliesslich Gemüse, Früchte und Kohlenhydrate. Alternativen zum Markt gibt es übrigens nicht. Praktisch alles Essen wird da eingekauft. Supermärkte, wie wir sie kennen sind inexistent. Dafür sind die Preise äusserst niedrig und verhandelbar.
Für den Weg nach Uyuni nehmen wir den Bus. Die Strecke ist weit, führt über unzählige Pässe und bietet zu wenige Verpflegungs- und vorallem Wasserstellen. Eigentlich wollten wir die Bahn, einige der wenigen Südamerikas, nehmen. Die Strecke ist aber wegen der heftigen Regenfällen der letzten Wochen unterbrochen. Die Busfahrt führt durch gerade spektakuläre Landschaften. Fränzi schaut während der Fahrt ständig etwas wehmütig aus dem Fenster, weil wir die Strecke nicht mit dem Fahrrad machen. Das Erlebnis ist vom Sitz aus, im Vergleich zum Sattel, geradezu blass.
Was wir auch schnell lernen, ist dass während Busfahrten Passagiere ihre Produkte zu verkaufen versuchen. Sie fahren in der Regel ein paar Stationen mit und rufen ihre Produkte aus. Oder sie halten, wie bei dieser Fahrt, einen zweistündigen Vortrag über ihre Wunderheilmittel, welche sie zum Schluss und zu unserem Erstaunen, in Massen verkaufen. Uns ist wohl die Skepsis anzusehen, es wird uns jedenfalls nichts angeboten.
Abends treffen wir in Uyuni ein. Uyuni liegt am Weltgrössten Salzsee und zieht deshalb Touristen in Massen an. Die Stadt ist dementsprechend touristisch und teuer. Und wir treffen hier an einem Tag dreimal so viele Schweizer, wie während den vorherigen 5 Monaten zusammen.
Wir gehen wieder mal auswärts essen, denn es ist bereits spät und wir müssen rasch unsere nächsten Schritte planen. Zwei Highlights warten auf uns: 1. Der Salar de Uyuni & 2. Die Ruta de las Lagunas. Der Salar steht leider im Moment unter Wasser, weshalb die geplante zweitägige Überquerung mit dem Fahrrad unmöglich ist. Deshalb entscheiden wir uns ziemlich spontan, gleich am nächsten Morgen früh auf die schwierige Ruta de las Lagunas im äusserst abgelegenen Südwesten Boliviens aufzubrechen. Ursprünglich wollten wir die Route von Süden her anfahren, doch Überschwemmungen (!?) in der Atacamawüste, der trockensten Wüste der Welt, führen dazu, dass wir die Route nun von Norden anfahren und ein viertes Mal nach Chile einreisen werden.
Uyuni – San Pedro de Atacama 420km
Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht (manchmal wachten wir auf, mit „Atemnot“. Die fast 4000 Höhenmeter sind gut spürbar), stehen wir früh auf, damit wir pünktlich um 8.00 Uhr beim Frühstück sind. Zu unserer Überraschung bietet das Frühstücksbuffet nebst Toast und Kaffee auch Yoghurt und Rührei! So ein reichhaltiges zMorge hatten wir in ganz Südamerika nie (wenn wirs nicht selber gemacht haben). Also schlage wir auch dementsprechend zu um genügend Energie für die kommenden Tage zu sammeln. Danach fahren wir endlich los. Schon seit langer Zeit hatten wir uns mit Bolivien, und der Lagunenrute (dem Südwesten Boliviens, den Teil, den wir jetzt fahren wollen) beschäftigt. Schon unendlich viele Blogbeiträge dazu gelesen, oder atemberaubende Fotos auf Instagram von anderen Veloreisenden bestaunt. Und jetzt sind wir selber am Start dieses kleinen Abenteuers. Ich bin ganz kribbelig. Unser Weg führt uns raus aus dem staubigen und grauen Uyuni, den Geleisen entlang bis zum Zugfriedhof, wo wir bereits einen ersten Stop einlegen, um ein paar Fotos zu schiessen.
Danach gehts weiter der ungeteerten Hauptstrasse entlang, vorbei an kleineren Lagunen, wo wir auch schon erste Flamingos entdecken, und schnuckeligen Lamas, die friedlich in der Einöde fressen.
Leider wird das Bild getrübt, von verwehtem Abfall der über die ganze Ebene verteilt herum liegt. Obwohl die Strasse die Hauptverbindung zum Grenzübergang nach Chile dartstellt, herrscht nur wenig Verkehr. Am meisten fahren Touristenjeeps an uns vorbei, welche hauptsächlich Europäer und Asiaten zu den schönsten Orten Boliviens bringen sollen. Dorthin, wo auch wir hin wollen. Etwa 15km vor unserem Ziel, beginnt es nicht weit entfernt zu Blitzen und Donnern. Wir sind auf einer weiten Ebene, und somit ein gutes Ziel für die schön anzuschauenden Lichtformationen. Wir fühlen uns klein und etwas ohnmächtig dieser Naturgewalt gegenüber. Deshalb beschliessen wir, so schnell es eben auf über 4000m. ü. M. geht, die letzte Strecke im Eiltempo hinter uns zu bringen. Wir haben Glück und werden nur kurz verhagelt 😬.
Als wir dann in San Cristobal, einem kleinen, unscheinbaren Dörfchen eintreffen, sind wir sehr überrascht, etwa 30 Tourijeeps im Zentrum stehen zu sehn. Wir treffen dort auch wieder ein paar Schweizer, welche wir am Tag zuvor schon in Uyuni kennengelernt hatten. Es hat einen kleinen Markt, mit Gemüse, Reis, Pasta und dem wichtigsten zum Kochen. Wir wollten hier all unser Essen für die kommende Woche einkaufen, haben aber Mühe, alles zu finden. Auch die Qualität der Lebensmittel lässt teilweise zu wünschen übrig. Bei einer beleibten, älteren Frau, traditionell in farbigen Tüchern, Rock, mit Hut gekleidet und geflochteten langen Haaren, möchten wir sechs Zwiebeln kaufen. Aber anstatt auf unsere Bitte einzugehen, schliesst sie die Augen und schläft ein. Im ersten Moment Perplex, bleiben wir kurz noch stehen, und sagen uns dann „wer ned wett het gha“ und gehen zur nächsten Verkäuferin. Die Situation ist urkomisch und im Nachhinein auch ziemlich lustig, irgendwie. Wir hatten in Vorhinein gehört und auch gelesen, dass die BolivianerInnen nicht gerade das Touristen freundlichste Volk ist. Der Spiegel behauptet sogar, dass Bolivien den ersten Platz in der Kategorie „das Touristen unfreundlichste Land“ belegt. Wir würden dies, bis jetzt, nicht so unterschreiben. Wir hatten viele sehr freundliche, offene und gesprächige Bolivianer kennengelernt. Die meisten waren aber einfach zurückhaltend und wirkten schüchtern. Und dann gabs ein paar wenige, die offensichtlich ablehnend und unfreundlich waren. Auf jedenfall können wir unsere Besorgungen bei anderen Frauen dann verfolständigen und dann zurück ins Hostel, wo wir unsere Nacht, sicher vorm Regen und Gewitter verbringen. Es ist komisch, da wir ganz alleine in dieser, grauen, kalten Unterkunft logieren und auch die Verantwortliche, junge Frau, irgendwie ziemlich speziell ist. Naja, auf alle Fälle sind wir froh, trocken und in Ruhe uns vom ersten strengen Tag erholen zu können.
Am nächsten Morgen hat es nur noch wenige Wolken am Himmel. Die Sonne wärmt uns beim allmorgendlichen Kaffeekochen und wir freuen uns auf das, was der heutige Tag noch bringen mochte. Bevor wir San Cristobal verlassen, müssen wir noch Benzin auffüllen, damit wir endgültig für die Lagunenrute gerüstet sind. Der überaus nette Herr Tankstellenwart schenkt uns die 0,8 Liter Benzin und möchte auch kein Trinkgeld annehmen. Also machen wir uns auf zum zweiten Tag Lagunenrute. Dieser zeigt sich ziemlich ähnlich wie der Erste. Wir spüren jeden Höhenmeter den wir machen und sind schon nach kurzer Zeit müde und legen die erste Pause früh ein.
Das Atmen während dem Fahren geht gut (auch trotz meinem Asthma), aber der Körper verliert schnell an Energie und Kraft. So sind wir für die etwa 50km bis nach Alota, verhältnismässig lange unterwegs. Die Strasse wird gegen Ende auch etwas schlechter und wir holpern über den harten Waschbrett. In Alota finden wir dann eine nette Hospedaje wo wir auch gratis zelten dürfen. Als wir gerade das Zelt aufstellen wollen, kommt die Besitzerin und offeriert uns ein Zimmer und zwei Betten zum schlafen, gratis. Sie möchte nicht, dass wir in unserem Zelt möglicherweise noch verregnet werden. Wie gesagt, es wäre falsch, alle Bolivianer inden gleichen Topf zu werfen! Dankend nehmen wir das Angebot an. Auch wenn ich mich schon gefreut hatte, wieder mal im Zelt, in unserem eigenen kleinen Heim, in Ruhe und Geborgenheit zu schlafen. Aber der dicke, grosse Schlafsack direkt auf dem Bettüberwurf tuts auch.
Am Abend kommt noch ein weiterer Gast dazu; ein Backpacker aus England. Wir quatschen und Essen zusammen und sind dann als es um 20.00 Uhr dunkel ist, bereits in unseren Betten.
Die Nacht war ruhig und trocken. Das Gewitter ist an Alota vorbei gezogen, und der Morgen zeigt sich schon wieder mit strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel.
Wir machen uns gegen 7.30 Uhr auf und rechnen damit, dass wir kurz nach Mittag bereits in Villa Mar, unserem nächsten Stop ankommen. Schliesslich haben wir nur etwa 38km zu machen. Wie so oft kommt es aber anders als gedacht. Schon nach kurzer Zeit stecken wir fest im Sand und müssen die Räder, welche je etwa 45kg wiegen mit dem ganzen Essen und Wasser, über die unwegsamen Strassen schieben. Die etwa 300 Höhenmeter bringen uns ganz schön aus der Puste und beim letzten steilen Stück, muss Urs mir helfen mein Fahrrad hinaufzustossen. Aber die Landschaft ist wunderschön und das kleine, erfrischende Bächlein zur Mittagspause lässt die Anstrengungen schon fast wieder vergessen.
Bis wir dann aber tatsächlich in Villa Mar ankommen, vergehen noch mehrere, quälende Stunden mit schieben, fahren und wieder schieben. Am Ziel angekommen, hat Urs die Schnauze voll. Er hätte die Lagunenrute, aufgrund der Warnungen anderer Fahrradfahrer lieber bequem mit einem Tourijeep gemacht. Aber ich wollte das volle Naturerlebnis mit allen Pro‘s und Kontra‘s. Also haben wir uns für die „Lagunenrute light Version „ entschieden. Naja, Kompromisse gehören zu einer Reise zu zweit dazu😬. Der Himmel ist inzwischen wieder bewölkt und es sieht nach Regen und Gewitter aus. Wir sind unschlüssig, ob wir zwei Kilometer weiter den Wild Campspot, oder doch im Dorf ein Zimmer nehmen sollen. Wir fragen uns durch bei den Hospedajes, leider erfolglos. Fast alle sind ausgebucht von den Tourijeeps oder dann völlig überteuert. Also beschliessen wir doch zum Wild Campspot zu fahren und ihn uns anzuschauen. Als wir da ankommen, wird schnell klar, dass das nichts wird. Der Bach, den wir überqueren müssten, ist viel zu tief und die Strömung zu stark. Also fahren wir doch wieder zurück ins Dorf und hoffen auf ein freies Zimmer oder die Möglichkeit, irgendwo campen zu können. Aus dem zelten wird Nichts, aber wir bekommen ein okay Zimmer für 30Bol/ p. P. (Ca. 4.50sfr.). Wir duschen, kochen und filtern Wasser für den nächsten Tag. Später kommen noch zwei Tourenjeeps dazu. Wir unterhalten uns mit einem Päärchen aus Paris und einem englischen Lehrer, der schon seit mehreren Jahren in Südamerika und anderen Ländern unterrichtet und umher reist. Für alle Touristen, die eine Rundreise buchen, ist alles Essen und Trinken inklusive. Nachdem wir schon einige Blicke in bolivianische Küchen werfen konnten, sind wir jeweils sehr froh darüber, dass wir unser Essen selber kochen können. Auch wenn es immer auch Arbeit bedeutet. Ausserdem würden wir kaum genug bekommen was die Portionengrösse betrifft. 😉
Am nächsten Morgen lacht die Sonne wieder vom Himmel. Wir erfahren von Einheimischen dass dieses Wetter in der Regenzeit üblich ist, und dass es aber vor allem im Landesinneren jeweils gegen Abend zu heftigen Regengüssen und Gewittern kommt. So machen wir uns motiviert wieder früh auf. Während der ersten Hälfte machen wir rund 600 Höhenmeter. Die Strasse ist vermehrt sehr steil und steinig. Sodass wir wieder stossen müssen und auch heute viel langsamer als gedacht vorankommen.
Kurz nach dem höchsten Punkt (wir befinden uns hier auf ca. 4700 m. ü. M. Also höher als die Schweiz) haben wir eine wunderschöne Aussicht auf einen kleinen Salzsee. Wir fahren hinunter an Felsen und Sanddünen vorbei und dann weiter gerade aus bis wir gegen 15 Uhr endlich den Park „Eduardo Avaroa“ erreichen.
Dort müssen wir 150 Bol/p. P. bezahlen und fragen, ob wir gleich hier bei einem Gebäude unser Zelt aufstellen dürfen. Wir hatten im Vorhinein auf IOverlander gelesen, dass dies vor rund einem Jahr möglich gewesen war. Der freundliche Parkwächter verneint jedoch unsere Frage, zeigt uns aber anstatt ein nur 6km entfernter Platz mit einem kleinen Bach, wo es möglich sein sollte zu campen. Also schwingen wir uns eher demotiviert nochmals auf unsere Räder und bringen die weiteren Kilometer im Stillen hinter uns. Wir werden für unsere Mühen belohnt. Es gibt tatsächlich mehrere freistehende Häuser und Ruinen, wo wir einen guten, windgeschützten Platz für unser Zelt finden. Und der Bach ganz in der Nähe lädt sogar noch zur körperlichen Erfrischung ein.
Zum Nachtessen kochen wir leckere Spaghetti al‘iolio und zum Dessert gibts die inzwischen kaum wegzudenkenden „Toddys“ Keckse. Dann sind wir wieder bevors dunkel wird im Bett, hören eine Runde „drei Fragezeichen „ und schlafen dann erschöpft ein.
Um etwa 3.00 Uhr dann erwache ich plötzlich wegen Motorengeräuschen. Wir schauen aus dem Zelt und sehen drei Jeeps gleich neben uns parkieren. Einer der Männer sagt „Holá amigos“ und, dass sie sich hier nur für ein paar Stunden ausruhen wollen. Das tun sie dann auch. Am Morgen sind sie bereits vor 6.00 Uhr wieder weg. Ein Grund mehr besser mit dem Fahrrad zu fahren, als mit einem völlig übernächtigten Jeepchauffeur, denken wir uns.
Der nächste Tag beginnt mit einem strahlenden Sonnenaufgang. Wir starten wieder früh und hoffen, am Mittag an der bekannten Laguna Colorada unser Mittagessen kochen zu können. Doch auch heute wieder ziehen sich die Kilometer hin. Die Strassen sind sehr holprig oder sandig, sodass wir gleich schnell sind, ob wir laufen oder fahren.
Aber auch Heute werden wir wieder für unsere Anstrengungen mit einer atemberaubenden Landschaft belohnt. Die Laguna Colorada macht ihrem Namen alle Ehre. Sie zeigt sich in den schönsten Farben. Unsere Handykameras sind leider nicht in der Lage, dies so aufzunehmen. Einmal mehr bereuen wir es, nicht eine richtige Kamera dabei zu haben.
Wir fahren hinunter zur Lagune, welche sich immer noch auf rund 4500 m. ü. M. befindet. Wir sind ganz alleine mit den hunderten, pinkfarbenen Flamingos und geniessen die Ruhe und Aussicht auf die verschneiten Gipfel rundherum.
Pause gibts jedoch nur kurz, dann gehts weiter Richtung Dorf, wo wir Übernachten wollen. Die Strasse wird wieder sehr schlecht zum Fahren und der Wind peitscht uns inzwischen kühl ins Gesicht. Bis wir im Dorf ankommen ist wieder drei Uhr und wir haben noch nicht mal zu Mittag gegessen. In einer Hospedaje finden wir ein freies Zimmer und kochen erstmal leckere Penne, und wenige Stunden später noch Polenta zum zNacht. Die tägliche Anstrengung ist so hoch, dass wir kaum genügend essen können. Wir bemerken beide, dass sich auch die letzten Fettpölsterchen um den Bauch herum verabschiedet haben. Am Abend, kurz vor dem zu Bett gehen, schauen wir uns draussen noch den Sternenhimmel an. Richtig „geflasht“ stehen wir da und sehen zu den unendlich vielen, wunderschön funkelnden Sonnen hoch! Noch nie zuvor haben wir einen solch leuchtenden Sternenhimmel gesehen. Die Sterne waren nicht bloss die üblichen weissen Punkte am Nachthimmel, sondern glitzerten und funkelten wie Diamanten. Wir sind so weit entfernt von der Zivilisation, dass man die Milchstrasse in ihrer vollen Pracht sieht. Nicht aus Zufall wurden viele Weltraumteleskope nur wenig südlich von hier gebaut. Wir sind beide tief beeindruckt! So verweilen wir einen Moment in der Stille. Doch die Müdigkeit nimmt schnell Oberhand und wir gehen schlafen. Morgen wartet ein weiterer harter Tag, mit vielen Highlights auf uns.
Früh Morgens um 6.00 läutet der Wecker. Als Stärkung gibts Kaffee und übriggebliebene Polenta vom letzten Abend und um 7.00 Uhr fahren wir los. Wie jeden Morgen ist der Himmel wieder klar und die ersten Sonnenstrahlen wärmen uns in der kühlen Morgenluft. Wir sind wieder hochmotiviert und freuen uns auf das, was heute kommen mag. Es ist schon erstaunlich, wie schnell man sich jeweils nach dem Fahrrad fahren wieder erholt. Und wie schnell man die grossen Anstrengungen wieder vergessen hat😉.
Nach etwa 4km schlechter Schotterpiste wird der Untergrund hart und eben, super zum Fahren. Nur sind jetzt vorerst wieder einige Höhenmeter zu bewältigen. Während dem Aufstieg höre ich zufällig einen Podcast zum Thema „Willenskraft“…Ganz ehrlich, gute, fetzige Musik hilft mehr in solchen Momenten.
Während wir uns hoch kämpfen, kommt uns plötzlich der erste Radreisende, seit wir in Bolivien sind, entgegen. Er ist Deutscher und mit sehr leichtem Gepäck und dickeren Rädern unterwegs. Er versichert uns aber, dass wir es bald geschafft hätten und die Strasse für die Abfahrt sehr gut sei. Ausserdem warte an unserem Ziel ein grosser, heisser Infinitipool auf uns. Wir freuen uns über diese unerwartete Motivationsspritze und bewältigen die letzte Strecke bis zu den berühmten Geysirs gut. Hier sind wir am höchsten Punkt unserer Reise angekommen, auf 4910 m. ü. M. Für uns ist es das erste Mal, dass wir einen Geysir sehen. Es blubbert grau, grün und rot aus der Erde und an mehreren Punkten zischen schwefelhaltige Gase aus Löchern. Es stinkt. Nach uns kommt ein TouriJeep nach dem anderen an, sie knipsen schnell ein paar Fotos und gehen dann nach fünf Minuten gleich wieder. Naja.. Wir gönnen uns eine Pause und Essen zu Mittag. Wir kommen ins Gespräch mit zwei Motorradfahrer. Ebenfalls aus der Schweiz und von Alaska her kommend. Wie immer tauschen wir Erlebnisse, Tips und Instagram aus.
Nach den Geysirs wird die Strasse tatsächlich besser und wir geniessen seit langem wieder mal eine schnelle und angenehme Abfahrt.
Auch die Landschaft bleibt weiterhin sehr eindrücklich und findet den absoluten Höhepunkt, als unten un die Ecke die Türkisfarbene Laguna Chalviri auftaucht.
Wir geniessen die Abfahrt in vollen Zügen bis wir am Ziel unserer Träume ankommen. Ein grosser, ca. 37 Grad warmer Infinitipool, direkt an der Laguna, wo die Flamingos umher stolzieren und umgeben von hohen, schneebedeckten Bergen und Vulkanen. Und alles umsonst und für uns alleine.
Wir stellen das Zelt direkt am Hotpool auf und genehmigen uns dann ein ausgiebiges Bad. Wir kriegen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht und sehen diese Wohltat als Entschädigung der Strapazen der letzten Tage. Es wird ein schöner Abend mit leckrem Tomatenreis (was halt noch so übrig geblieben ist vom Vorrat) und Cookies. Und wir malen uns aus, was wir dann, wenn wir endlich in San Pedro angekommen sind, essen und trinken wollen, bis uns schon wieder das Wasser im Mund zusammen läuft. Um 19.30 sind wir im Zelt, völlig erschöpft und sauber.
Am Morgen gibts dann gleich nochmals ein angenehm warmes Bad inklusive Kaffeeservice.
Dann machen wir uns auf um die letzte Etappe zu meistern. Nur ca. 1km weiter von unserem Campingplatz, fahren wir an der offiziellen (viel kleineren) Therme vorbei, wo täglich mehrere Dutzend Jeeps halt machen, und die Touris für eine kurze Weile ein Bad geniessen können wenn sie möchten. – Irgendwie lustig, dass man sich selbst nicht wirklich als Touri wahr nimmt, sondern nur immer die anderen?! – Und wieder sind wir froh, individuell zu reisen. Nach den Thermen führt die ziemlich gute Strasse leicht Bergauf durch die sandige und mit farbigen Bergen umgebene Dali- Wüste. Für mich, eine der schönsten Etappe auf der Lagunenrute.
Nur leider kann ich es heute kaum geniessen. Ich merke, wie mir langsam die Kraft fehlt. Und als es dann noch heftigen Gegenwind gibt, und man sogar beim herunterfahren mit aller Kraft in die Pedale treten muss, verlässt mich meine Willenskraft fast völlig. Am liebsten würde ich los heulen. Nur, wenn ich das zulasse, dann krieg ich endgültig keine Luft mehr. Also doch; „Gring ache u secklä“. Irgendwann fahren wir an der Laguna Verde und Laguna Blanca vorbei. Diese sind ebenfalls wunderschön anzuschauen, mit dem Vulkan Licancabur (5920) im Hintergrund.
Dann gehts noch die letzten Kilometer Schotterpiste hoch bis zum bolivianischen Zoll. Urs ist ein Gentleman und hilft mir immer wieder mit meinem Fahrrad, wenn ich fast vom Sattel falle. Gerade noch 15 min. vor Ladenschluss kommen wir dann da an und holen uns unseren Stempel.
Direkt nach der Grenze, beginnt in Chile wieder eine asphaltierte Strasse. Das ist mal ein Statement.
Wir sind froh, dass wir wieder leichter rollen. Doch bis zum chilenischen Zoll gehts nochmals ein paar hundert Meter höher. Kurz, bevor wir oben ankommen, hält ein Arbeiterfahrzeug, und der Fahrer fragt, ob wir bis San Pedro mitfahren wollen. Ohne gross zu überlegen, stimmt Urs freudig zu, da ich beinah vom Velo falle vor Erschöpfung. Also Velos raufgeladen und eingestiegen. Auf der rund 2400 Höhenmeter langen Abfahrt bis runter nach San Pedro de Atacama, bereuen wir die Entscheidung bereits wieder. Naja, es wird wieder Abfahrten geben. Und vielleicht wars ja doch besser so, da wir so müde waren. Die Steassenarbeiter sind sehr freundlich, nur leider verstehen können wir sie nicht wirklich.
In San Pedro dann fahren wir noch zum Camping/ Hostel wo wir das Zelt aufschlagen und dann mit den zwei Töfffahrern noch Urs‘ Wunsch erfüllen und Completos essen gehn. Wir sind alle total am Ende und gehen danach gleich in die Heia.
San Pedro – Uyuni
Wir schlafen aus. Jedenfalls bis 8 Uhr. Wir haben uns mittlerweile so daran gewöhnt früh aufzustehen, dass uns 8 Uhr schon spät vorkommt. Hier ist es um 7 Uhr noch stockdunkel, während die Sonne auf 4500m immer schon um 6:30 hell schien. Heute ist relaxen angesagt. Die letzte Woche hatte es in sich. Bei beiden machen sich leichte Gebrechen bemerkbar, Muskelkater haben wir aber keinen. Wir nehmen es gemütlich, machen alles etwas langsamer als gewöhnlich, schlendern durch San Pedro und organisieren unser Busticket zurück nach Uyuni. San Pedro ist zwar schön, doch haben wir Chile schon ausgiebig kennengelernt und möchten deshalb rasch wieder nach Bolivien.
Wir versuchen beide möglichst viel zu essen, um die verlorenen Kalorien schnell wieder aufzunehmen. Zum zMittag gibts ein paar Completos und Urs trinkt doch noch einen „Mote con Huesillo“, ein typisch chilenisches alkoholfreies Getränk aus Aprikosen und irgendeinem Getreide. Schmeckt ganz anständig.
Abends gibts dann das erste selbstgemachte Chili con Carne dieser Reise – unglaublich, wäre dies doch ein sehr praktisches Campinggericht. Urs kocht natürlich viel zu viel und so laden wir spontan die beiden Schweizer zum Abendessen ein. Sie bringen Bier mit und es entwickelt sich eine lustige Runde mit vielen spannenden Geschichten (zum ersten mal seit ca 3 Wochen gönnen wir uns wieder was alkoholisches). Später gesellt sich ein weiterer Schweizer und eine Italienerin dazu. Und irgendwo kommt immer neues Bier her. Ein sehr schöner letzter Abend in Chile.
Noch was zu San Pedro de Atacama. Wie schon gesagt, liegt die Siedlung am Rande der trockensten Wüste der Welt. Dementsprechend knapp ist das Wasser. San Pedro verfügt zwar über zwei Zuflüsse, die reichen aber nicht aus, die Wasserversorgung durchgehend zu gewährleisten. Zwischen 24:00 und 07:00 stellt die Verwaltung das Wasser deshalb ganz ab. Wer duschen will, sollte das besser morgens tun. Trotz der Sparmassnahme der Verwaltung, reicht das Wasser nämlich meist nur bis Mittags. Deshalb unbedingt Vormittags alles erledigen und Wasser fürs Kochen und Abwaschen am Abend abfüllen.
Früh und etwas verkatert fahren wir mit dem Bus wieder hoch aufs Altiplano. Wir sind da schon einmal hinaufgefahren, deshalb gönnen wir uns diesen Luxus. Naja, die Fahrt dauert über 10 Stunden, passiert die Chilenisch-Bolivianische Grenze (Urs hat einen Disput mit dem Busfahrer (-Arsc*ch), der schwere Koffer auf unsere Fahrräder wirft – anschliessend wird es dann sorgfältiger verladen) und wir sind fix und fertig als wir wieder in Uyuni ankommen. Dort checken wir wieder ins selbe Hostel ein und buchen eine Salar Tour für den nächsten Nachmittag. Zum Znacht gibts, auf Fränzis Wunsch hin, selbst zubereiteten grünen Salat. Davor wird in Bolivien abgeraten, da der Verzehr oft zu Durchfall führt. Die Locals essen ihn aber auch und so entscheiden wir ihn vorher einfach besonders gründlich zu Waschen.
Es kommt wie es kommen muss und wir kriegen beide am nächsten Morgen Durchfall. Naja, vielleicht klappts beim nächsten Mal. Wir werden jedenfalls die nächsten vier Monate nicht auf Salat verzichten.
Die Salar-Tour beginnt um 16:00. Der See ist immer noch nass und mit den Fahrrädern nicht zu befahren. Stattdessen fahren wir in einem Konvoi aus 4 Toyota Landcruisern, gefüllt mit 26 Koreanern, 4 Fahrern und uns zwei auf den Salzsee. Auf dem Salzsee befinden sich so um die 50 Jeeps, Platz gibt es zum Glück genügend. Dennoch sind wir etwas enttäuscht, nicht auf den Fahrrädern zu sein und stattdessen die volle Touripackung abzukriegen. War aber dennoch schön, sieht selbst.
Weiter gehts jetzt nach Sucre, wo wir mindestens zwei Wochen Spanischlektionen nehmen werden.
Ou mann, also bitz ifersüchtig bin ich ja scho, da wäri mega gern debi, gseht richtig nach Abentüür us 😉
Freu mi uf de nöchsti Bricht, passet uf euch uf!
Gruess Raffi
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Hallo ihr zwei
Ihr seit ja schon ein ganz schönes Stück vorwärts gekommen.
Bin schon wieder seit zwei Monaten am arbeiten und schon etwas neidisch
wenn ich eure Bilder anschaue.
Hoffe ihr braucht in Bolivien nicht alle meine Imodium Tabletten.
Weiterhin schöne Reise, und immer genügend Luft unter der Felge, freue mich auf weitere Berichte.
Gruss Peter
(Der Baselbieter aus Rio Tranquilo, El Calafate und Puerto Natales)
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Hallo Peter. Schön von dir zu hören. Haha 😂 ja doch, ab und zu sind wir schon sehr froh über die Tabletten;) vielen Dank! Dir auch eine gute Zeit und wir hoffen auf dass es auch für dich bald wieder ein Veloreisli gibt!
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