Huancavelica – Huancaya 222km
Am Morgen kommen wir früh aus den Federn (wobei Federn hier im Hochland wohl der falsche Ausdruck ist, da es als Bettdecken immer etwa 2-4 Wolldecken gibt. Von Daunendecken weit und breit keine Spur). Auf dem Weg aus der Stadt heraus, holen wir noch genügend Benzin (was übrigens in der Sierra unverschämt teuer ist; 1 Liter ca. 4 sfr) und Geld für die kommenden Tage. Beides Dinge, die wir nicht so leicht finden werden. Hier startet (oder endet) die bekannte „Great Divide“, über die wir uns im vorhinein über diverse Blogs informiert haben. Und ausserdem wurde uns diese Strecke von anderen Fahrradreisenden wärmstens empfohlen. Sie sei super hart, aber auch super schön. Apropos „super hart“: wie schnell wir unsere Vorsätze wie „wir wollen es leichter angehen“ und „einfachere Strecken, weniger Höhenmeter sind das Ziel“ etc. wieder vergessen haben…😅.
Die schönen Fotos aus den diversen Blogs, mit atemberaubender Natur, das Wildcampen an einsamen Lagunen und das Fernsein von jeglichen Touristenströmen sind einfach zu verlockend! Also warfen wir unsere Vorsätze ziemlich schnell wieder über den Haufen und befinden uns nun auf einer sogenannten „Bike packing“ Rute, welche auf einer Schwierigkeitsskala von 1 – 10 eine glatte 8 bekommt. Und da wir mit unserer Ausrüstung je fünf Gepäckstücke mitführen, sind wir für eine „Bike packing“ Rute viel zu schwer und unsere Pneus zu dünn und mit zu wenig Profil. Aber wir freuen uns riesig! Die Sonne lacht vom Himmel und Energiegeladen machen wir uns an den ersten, über 1000 Meter hohen, unasphaltierten Aufstieg. Schon die ersten paar Serpentinen haben es in sich und ich keuche wie eine alte Dampflokomotive. Zwischendurch müssen wir die Räder auch schieben, was noch strenger ist. Aber schon bald, als wir den ersten Gipfel erklommen haben, tut sich ein schönes Tal auf mit einem klaren, kleinen Bächlein, welches sich durch die Talmitte schlängelt. Wie überall gibt es auch hier viele Lamas, Alpakas und Schafe. Verkehr aber kaum.
Ein Auto mit vier Insassen hält bei uns an. Sie fragen uns nach unseren Plänen und steigen dann auch aus. Im Kofferraum zeigen sie uns voller Stolz, das Alpaka, welches sie mitführen.
Urs darf ein Selfie mit ihr zusammen machen.
Sie sagen uns, dass es etwa noch eine halbe Stunde dauert, bis wir ganz oben auf der Spitze sind. Diese Aussage berechnen wir mit unserem Erfahrungswert x4 , damit wir auf eine ungefähr realistische Zeitrechnung kommen. Wir verabschieden uns und gehen weiter bergauf. Etwa 2h später, kurz vor dem höchsten Punkt, fängt Urs seinen ersten Platten in fast 8 Monaten ein. Zwei grosse Dornen haben seinen Pneu durchbohrt. Inzwischen haben wir Übung im Reifen flicken und sind so nach kurzer Zeit wieder unterwegs.
Die Landschaft rundherum wird immer schöner und als wir uns auf der Abfahrt befinden, kommt die erste Lagune in Sicht. Im Hintergrund eine traumhafte Berglandschaft und ein Gipfel der knallrot leuchtet und die anderen überragt. Wir fahren vorbei an winzigen Lehmhütten mit Strohdächern, wo Einheimische mit ihren Herden in der Abgeschiedenheit sich ihr Lebensbrot erarbeiten.
Etwas weiter unten beginnt es zu tröpfeln. Bereits am frühen Nachmittag hatten sich immer mehr Wolken gebildet und sich nun zu einer grauen Decke zusammen geschlossen. Wir ziehen all unsere Regensachen an. Es ist inzwischen auch saukalt geworden. Der Wind bläst eisig und lässt die vielen Schweissperlen und Hitzewallungen vom Aufstieg schnell wieder vergessen. Beim Runterfahren halten wir Ausschau nach guten Campingplätzen. Die wichtigsten Faktoren dabei sind Wasser, Sichtschutz von der Strasse und eine möglichst flache Ebene mit genügend Platz für unser Zelt. Das ist gar nicht so einfach in diesen extrem steilen Bergtälern. Bis wir etwas finden, sind wir bereits wieder viele Höhenmeter gesunken. Es regnet noch immer leicht (und rundherum hören wir gedonner), aber es ist glücklicherweise wieder wärmer hier unten. Wir haben grosses Glück und finden einen super Platz, der all unseren Anforderungen gerecht wird und sie, dank den paar, langen, dünnen Bäumen, die Schutz vor dem Regen bieten, sogar noch übertreffen. Schnell stellen wir das Zelt auf, Urs kocht und ich mache unser Bett parat.
Wir sind ein eingespieltes Team und sind inzwischen sehr effizient geworden. Müssen wir auch, denn hier ist es um 18 Uhr bereits dunkel, und wir hatten länger gebraucht für die heutige Strecke als gedacht. Als wir Essen ist es schon stockdunkel rundherum. Deshalb sind wir dann schon um 19 Uhr müde in unseren warmen, wohligen Schlafsäcken und geniessen eine ruhige und erholsame Nacht.
Als Urs am Morgen den Zipper des Zeltes öffnet, sieht man vorerst gar nichts draussen. Dicke Nebelschwaden hangen an den Felswänden und es ist kühl und feucht. Es nützt alles nichts, rein in die kalten und feuchten Velokleider und rasch heiss Wasser gemacht für Kaffee und Tee um wieder aufzuwärmen. Währenddem packe ich unsere Schlafsachen zusammen. Beim allmorgendlichen, gemütlichen Kaffee dann, reissen die Nebelschwaden plötzlich auf und blauer Himmel kommt zum Vorschein. Die Sonne schaffts noch nicht bis zu unserem Platz bis wir wieder auf der Strasse stehen. Egal, denn nach der ersten Kurve leitet sie ihre wärmenden Strahlen auf unsere unterkühlten Körper und heizt durch die Regenjacken richtig auf. Sodass wir uns nach wenigen Minuten schon wieder ausziehen können. Wenn man so viel draussen unterwegs ist, merkt man erst, wie unglaublich wichtig ein paar wenige, kurze Sonnenstrahlen sein können.
Auch heute geht es die ersten Kilometer einfach nur den Berg hoch, um danach alles wieder runter zu gehen. Wir fahren noch an zwei kleinen Dörfchen vorbei. Hier haben wir das letzte Mal für die kommenden paar Tage 3G Signal und können nochmals Nachrichten checken.
Es sind nette, kleine Dörfchen mit Häusern aus Stein, vielen, stark duftenden Blumen und einem südlichen Klima, was uns irgendwie ans Tessin erinnert. Bergauf passiert dann nicht viel spannendes. Wichtig zu sagen ist, dass die Erd- und Kiesstrassen bisher in gutem Zustand sind und sich unsere Befürchtungen von „Carratera Austral 2“ bis jetzt nicht bewahrheitet haben. Kaum oben angekommen, beginnt es wieder leicht zu Regnen. Die Abfahrt ist steil und bietet wunderschöne Blicke in die tiefen Täler und auf die mächtigen, schroffen und grünen Bergketten.
Unten im Tal suchen wir einen Schlafplatz. Heute bleibt die Suche jedoch erfolglos. Also fahren wir weiter bis zu einem kleinen Dorf, wo es eine Hospedaje geben soll. Als wir auf den Dorfplatz hineinfahren, ist er überfüllt mit Menschen, Blasmusikgruppen und diversen Essensstände. Wir erfahren, dass das Dorf heute (an einem ganz gewöhnlichen Dienstag) Geburtstag feiert… Wieder mal. Weil der Hospedajebesizter gerade nicht anwesend ist, müssen wir warten. Plötzlich beginnt es zu Donnern und kurz darauf fallen grosse Hagelkörner prasselnd vom Himmel. Wir verkriechen uns in einen Keller, was auch so was wie eine Bar ist. Zumindest kann man da Cervezas kaufen und es gibt einige Männer da, die schon ziemlich einen sitzen haben. Zur Info, es ist Nachmittag um halb drei. Da wir sowieso abwarten müssen, genehmigen wir uns ebenfalls ein kühles Blondes und bestaunen das Unwetterschauspiel.
Schliesslich fragen wir in einer anderen Hospedaje, gleich nebenan um ein freies Zimmer an. Wir haben Glück und bekommen ein sehr einfaches, aber sauberes Matrimonial mit Fenster auf den Platz hinaus. Und es gibt sogar eine annähernd heisse Dusche. Wir sind zufrieden. Nach dem frischmachen gehen wir raus und bestellen bei einem Essensstand Pollo frito mit Kartoffeln. Nach der ersten Portion gibts gleich nochmals eine weitere oben drauf. Der Regen hat inzwischen aufgehört und die Leute versammeln sich allmählich wieder auf dem Platz. Etwas später gehen wir zurück in unsere Unterkunft und kochen noch Pasta, für das zMittag für den nächsten Tag.
Es ist wieder eisig kalt geworden. Auch im Zimmer ist es kaum wärmer, da es hier durch alle Ritzen und Löcher zieht. Wir wären schon paar mal froh gewesen, hätten wir eine Tube Silikon- Abdichtungspaste dabei gehabt. Immer zu frieren macht kein Spass. Vor dem zu Bett gehen geht Urs nochmals kurz raus. Auf der Bühne haben sie angefangen zu reden, singen und Musik zu spielen. Sie feiern die Gründung des Dorfes. Wobei „singen“ vielleicht nicht das richtige Wort ist. Es tönt eher wie ein sterbender Schwan mit asiatischem touch, als eine Frau durchs Mikrophon zur Musik für uns unverständliche Worte von sich gibt.
Als ein Mann ans Mikro darf, wirds nicht besser. Während ich auf dem Bett in der Unterkunft sitze, ist es, als würde ich mich in einer Karaokebar befinden, wo ein Besoffener in das viel zu laut eingestellte Mikro jault. Urs macht ein Video vor der Bühne, wo sich die Leute miteinander im Takt, in einem Kreis bewegen. Das ganze Schauspiel ist für uns sehr skuril. Da der nächste Tag wieder viel Kraft von uns vordern wird, nehmen wir an der Feier nicht teil, sondern legen uns schlafen. Aber wir hätten uns genau so gut direkt vor der Bühne auf den Boden legen können, so laut ist es in unserem Zimmer. Hat man mal den Luxus eines Fensters zum Lüften in der Habitacion, und dann kann man es nicht öffnen, weil man sonst einen Ohrenschaden bekommt. Naja, Oropax rein und an was Schönes denken. Die werden dann schon irgendwann wieder aufhören.
So vergeht die Nacht sehr sehr langsam. Immer wieder wachen wir auf, und immer wieder sind sie immer noch laut am Musik machen. Irgendwann, als ich denke, dass doch Mitternacht vorbei sein muss, schaue ich auf die Uhr und sehe, dass es bereist 4.30 ist! Und die Band spielt noch immer lauthals. Als eine Frau uns am Nachmittag zuvor erzählt hatte, dass die Party die ganze Nacht dauern würde, war das tatsächlich nicht übertrieben. Morgens um 6 Uhr, als wir nicht wirklich erholt aufstehen, kommt noch immer laute Musik aus den übergrossen Lautsprechern auf der Bühne, aber Leute hat es keine mehr. Da hat wohl Jemand vergessen die Musik auszuschalten?! Meine ersten Worte: „Die sind doch ned ganz putzt?!“ Irgendwie müssen wir über die ganze Situation lachen, könnten aber genau so gut weinen. Die kulturellen Erfahrungen standen doch immer im Vordergrund unserer Reise. Diese Nacht haben wir mit voller Wucht, ein Packet davon abbekommen. Naja, wir sind froh bald wieder weit weg von Zivilisation, in Ruhe und Zweisamkeit Zelten zu können.
So sind wir bald wieder auf der Strasse. Diese schlängelt sich sofort steil den Hang hinauf. Schon nach kurzer Zeit haben wir eine wunderschöne Aussicht auf die klaren und massigen Felswände, welche im hellen Sonnenlicht leuchten. Die ersten 800 Höhenmeter sind unglaublich steil und streng. Sie scheinen nicht enden zu wollen. Bis wir dann nach rund 3h in etwas flacheres Gebiet auf eine Hochebene fahren.
Die Berge die wir in der Ferne sehen, die tiefen, furchigen Täler und die smaragdgrün leuchtende Lagune rauben mir den Atem. Ich fühle mich plötzlich so klein vor diesen massigen Naturgewalten und so tief berührt in meinem Innersten, dass es mich emotional überwältigt und mir ein paar Tränen runter kullern. Wir geniessen die Aussicht bei einer Mittagspause und sehen in der Ferne einen grossen, felsigen, schwarzen Berg, mit schneebedeckten Spitzen. Da wissen wir noch nicht, dass wir diesen Berg zu einem späteren Zeitpunkt noch bezwingen dürfen. Danach gehts noch gemächlich auf und ab, bis wir wieder einen perfekten Schlafplatz, direkt an einem kleinen Bächlein finden. Etwas weiter unten hat es einen Stausee und rundherum hohe Berge. Das Wetter hat sich nachmittags verschlechtert, wie jeden Tag. Und obwohl es erst kurz nach zwei Uhr ist, ist es schon wieder sehr kühl (auf rund 4600 m. ü. M. ). Bevor es noch mehr zu zieht, nehmen wir noch ein kurzes Bad im eisig kalten Wasser und packen uns dann mit allem ein, was wir haben. Als wir wärmenden Cocatee aufgesetzt hatten, beginnt es zu regnen und hageln.
Nach aber etwa einer Stunde ist das ganze wieder vorbei und wir können dann das Nachtessen sogar wieder bei Sonnenschein geniessen. Wie wunderbar wärmend! Um 18 Uhr sind wir schon wieder im Zelt, draussen ists dunkel und kalt. Um noch etwas Zeit zu vertrödeln schauen wir unsere Fotos an und bearbeiten sie gleich. Wir müssen schauen, dass wir nicht zu früh schlafen. Wäre ja doof, wenn man nach 9h Schlaf morgens um 3 Uhr erwacht und dann hellwach ist. Die Sonne geht ja immerhin auch erst um 6 Uhr morgens wieder auf. Und bis dahin bleibt es äusserst ungemütlich draussen.
In der Nacht erwachen wir beide weil wir zu wenig Sauerstoff bekommen. Wir müssen das Zelt etwas öffnen, da ansonsten die Luftzirkulation einfach zu schlecht ist. Auf dieser Höhe und bei dieser Kälte stösst unser etwa sechs jähriges Salewa Zelt dann doch langsam an seine Grenzen. Urs’ Lieblingsthema: das perfekte Fahrradtourenzelt! Wir haben bereits Skizzen und Pläne erstellt, wie es sein müsste. Zum Glück haben wir einen Zeltbauexperte in unserem Freundeskreis! Danke Raffi Edelmann😉!
Als wir dann um 6 Uhr endlich aufstehen können, versteckt sich die Sonne noch hinter dem Hügel und Wolken. Es ist super kalt. Das Zelt, unsere Räder, das Gepäck und die Wasserflaschen sind mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Es dauert eine ganze Weile bis die Sonne dann tatsächlich da ist und unsere Sachen wieder einigermassen trocknen kann, und wir unsere Finger und Zehen wieder spüren.
Es ist einen schöne Stimmung als wir losfahren. Die ersten Höhenmeter geht es über eine Hochebene, auf der sogar etwas Schnee liegt. Aber die Strasse ist glücklicherweise schneefrei und wir kommen gut voran. Auch wenn wir uns beide nicht super wohl fühlen in unserer Magengegend. Vielleicht war das Wasser aus dem kleinen Bach doch nicht so gut wie gedacht? Sicherheitshalber geben wir in das bereits gefilterte Wasser in unseren Flaschen noch jeweils eine Chlorpille hinzu (vielen Dank Peter!). Diese sollte dann wirklich alle schlechten Käferli abtöten, welche evt. noch im Wasser umher schwimmen. Über den ersten Pass gehts dann wieder runter, vorbei an kristallklaren Lagunen, vielen Wasserfällen und saftig grünen Wiesen. Und dann wieder hoch über einen weiteren kleinen Pass, wo dann auch die Strasse allmählich schlechter und schlechter wird.
Autos kommen uns den ganzen Tag nur eine Handvoll entgegen (Hirten oder Minenarbeiter). Oben angekommen gehts wieder runter wo wir nach einigem Suchen dann doch noch einen guten Schlafplatz finden. Zwar sieht man das Zelt von der Strasse aus (von Norden her kommend), aber die ganze Zeit, wo wir dort sind, verirrt sich (ausser einem Hund) gar niemand hier her und wir verbringen einen sehr ruhigen Abend mit wunderschönem Sonnenuntergang.
Abends hört man ab und zu ein paar Hunde bellen. Dann wird es still, richtig still. Kein Wind, keine Tiere, kein Verkehr, keine Menschen – keine Geräusche. Ausser dem Rauschen des eigenen Blutes in den Ohren. Die Einheimischen nennen dies „El Silencio“. Gemäss ihnen kann so viel Stille bald mal unerträglich sein. Wir geniessen es die kurze Zeit die wir in dieser sehr abgelegenen Gegend verbringen. Fränzi zwingt sich nachts aus dem Zelt, weil der Tee am Abend wohl doch etwas zu viel war, und es tut sich ob ihr ein wunderschöner, strahlender Sternenhimmel auf. Unzählige, leuchtende, kleine Punkte auf dem schwarzen Hintergrund und rundherum immer noch diese Stille.
Am Morgen hat es weniger Frost. Dafür brauchen die Wolken heute etwas länger um sich zu verziehen. Normalerweise warten wir bis die Sonne all unser Equipment getrocknet hat. Um 9 Uhr entschliessen wir uns aber das Zelt nass einzupacken und loszufahren. Auf uns wartet der Aufstieg auf 4970 Meter über Meer. Wir haben also keine Zeit zu verlieren.
Schon nach wenigen Kilometern Fahrt erreichen wir eine Mine. Wir sind unsicher ob sie aktiv ist und passieren ohne gross zu zögern die Absperrung.
Schon wenige Meter weiter erkennen wir, dass hier gearbeitet wird. Ein paar Mineure winken uns freundlich zu. Glück gehabt! Offenbar ist das Gelände der Minen nicht immer passierbar und Reisende werden manchmal zum Umkehren gezwungen. Wir fahren hindurch und uns wird jetzt auch klar wo das donnerartige Grollen am Vortrag herkam. Da wurde wiederholt was gesprengt.
Gleich nach der Mine beginnt der Aufstieg. Zuerst steil, dann aber für ein paar Stunden wieder gemächlicher. Vor uns öffnet sich ein weiteres Mal ein gigantisches Panorama. Mächtige Schneeberge, Hochmoore, farbige Berge, blaue Lagunen und Lavaformationen. Und das alles auf einen Blick. Ab und zu hat es eine dieser Eingeborenenhütten, ansonsten sind wir vollkommen alleine. Einzig die hier typischen peruanischen Roadblocks verlangsamen manchmal das Weiterkommen.
Wir rätseln gelegentlich, wo genau der Weg wohl durchgeht. Urs macht noch Witze, dass irgend ein irrer Strassenbauer die Strasse sicher genau über die Schneeberge gebaut hat. Wir fahren weiter, gewinnen Meter um Meter, bis wir bei einer Kreuzung ankommen. Links führt der Weg gemütlich geradeaus, rechts über die Bergkette durch ein Geröllfeld. Natürlich biegen wir rechts ab. „Das ist sicher ein Witz!“, sagt Fränzi.
Der Spass verfliegt aber dann schnell, als wir die Fahrräder durch das Geröll hinaufschieben. Der Aufstieg ist richtig steil und die Strasse wird zunehmend schlechter. Der Untergrund ist oft so lose, dass auch schieben kaum geht. So kommt es, dass wir kaum mehr fahren können.
Zum Glück ist der Pass ja schon in Sicht! Doch jedes Mal, wenn wir den vermeintlichen Pass erreichen, wartet dahinter ein weiterer Berg und noch schlechtere Strassen. Für die letzten 4.5 km hoch auf den Pass auf 4970m benötigen wir ganze zwei Stunden. Wir sind überglücklich, als wir oben ankommen.
Selbstverständlich darf das Gipfelselfie nicht fehlen!
Höchstwahrscheinlich ist dies der höchste Punkt, den wir auf unserer Reise per Fahrrad erreichen werden. Reicht aber auch😊.
Lange Zeit bleibt uns auf dem Gipfel nicht. Wir haben uns entschieden bis ins nächste Dorf zu fahren und dort diesen Erfolg in einer guten Unterkunft zu feiern und uns mindestens einen Tag zu erholen. Bis zum Dorf sind es 40 Kilometer und 2000m Abfahrt.
Für die ersten 10 Kilometer benötigen wir eine Stunde, und das auf einer steilen Abfahrt?! Nun, am besten könnt ihr euch das so vorstellen:
1. Nehmt euer Citybike, 40mm Reifen, und belädt es mit 25kg Gepäck.
2. Fahrt damit ein Geröllfeld hinunter.
Genau so hat es sich angefühlt. Die Strasse wäre in Ordnung gewesen, hätte man sie ab und zu von all dem Schutt befreit. So sind wir aber ein weiteres Mal erstaunt und froh, was die Fahrräder so alles einstecken können.
Nach und nach wird die Strasse dann besser und wir kommen besser vorwärts.
Spät nachmittags erreichen wir Laraos. Das Dorf stammt aus der Pre-Inkazeit, ist umgeben von Terrassen, gleicht sonst aber sehr stark einem Bergdorf im Tessin.
Natürlich ist es ein totales Kaff, dennoch gefällt es uns ganz gut. Und das Hostal ist in Ordnung. Saubere Zimmer und die Aussicht ist grandios!
„Maximal Relaxen“, lautet das Motto für den Ruhetag. Das kriegen wir ganz gut hin. Wir verbringen fast den ganzen Tag so:
Das einzige was noch zu erledigen wäre, ist die Tourenplanung für den zweiten Teil der Peruvian Divide. Wir fragen zwei Franzosen, welche wir in Cusco kennengelernt haben und die eben erst auch die Divide gemacht haben, nach dem Strassenzustand des zweiten Teils.
Prompt kriegen wir schlechte Nachrichten. Die Strasse sei äusserst schlecht, gleich von Beginn weg.. Uns vier Tage auf schlechten Strassen abmühen um am fünften Tag die Fahrräder als Bonus auf 4930m hochzuschieben, ja, darauf haben wir keine Lust. Und nach zahllosen eiskalten Nächten in Bolivien und Peru, hat vorallem Urs Sehnsucht nach wärmeren Temperaturen, Sonne und Stränden.
Zum Glück gibt es eine elegante Lösung. Wir fahren bloss einen Tag weiter bis Huancaya (weil es da unzählige Wasserfälle und Lagunen gibt), gehen einen Tag wandern, kehren um und fahren 202km/3579hm einem Fluss entlang raus aus den Bergen direkt bis ans Meer. Bis Lima sinds dann noch weitere 200km, alles entlang der Küste, schönen Stränden und Fischerdörfern. Sehr gute Aussichten! Beide, aber Urs noch etwas mehr, sind begeistert von dieser Planänderung.
Die 1100hm hoch nach Huancaya meistern wir, mit dieser Motovationsspritze, am nächsten Tag mit Leichtigkeit. Das wäre aber gar nicht nötig gewesen. Die Landschaft motiviert bereits genug. Durch enge Schluchten und entlang eines imposanten Flusses gehts hoch nach Huancaya.
Im Dorf angekommen, hat Fränzi ein kleines Stand-off mit einem Alpaca. Das Alpaca folgt ihr auf Schritt und Tritt, um Hindernisse herum und lässt sich einfach nicht abschütteln. Das führt (für Urs) zu sehr unterhaltsamen Szenen!
Das Dorf ist dann eher eine Enttäuschung. Zwar haben die Spanier auch hier wunderschöne Häuser und Strassen errichtet, doch machen die Einwohner nichts daraus. Trotz inländischer Bekanntheit und Tourismus gibt es hier nur schäbige Restaurants und Hospedajes. Keiner versucht was besonderes zu machen und sich von der Konkurrenz abzuheben. So kommt es, dass es gefühlte 40 Restaurants und Hotels in einem Dorf mit ca 200 Einwohnern gibt, die alle leer und absolut schäbig sind und zu allem Überfluss noch das exakt gleiche anbieten. Wir suchen uns das beste der schlechten aus. Lange müssen wir nicht hier bleiben. Uns bedrückt aber, welche Chance sie hier vergeben. Denn die Lagunen und Wasserfälle nahe des Dorfes suchen seinesgleichen.
Die Wanderung ist mit 7 Kilometern ziemlich kurz, aber voller Spektakel. Wir nehmen uns Zeit, relaxen an schönen Plätzen und bedauren es etwas, dass wir unsere neu erworbene Angelausrüstung im Hotel liegen gelassen haben.
wow .. .tolles Erlebnis … tolle Leistung … toller Bericht … danke, dass ich auch etwas dabei sein durfte …
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