Nach vielen langen und anstrengenden Artikel, haben wir für alle Lese-müden eine Überraschung vorbereitet. Viel Spass beim Anschauen unseres Video-Specials zu Costa RRRricaa!
(Bessere Videoqualität wird asap nachgeliefert – schwaches Internet hier).
Grenze Costa Rica – San Jose 361km
Der Lastwagenparkplatz ist noch voller Pfützen als wir Aufstehen. Es hat die ganze Nacht durchgeregnet. Wir sind trocken geblieben, haben aber mässig gut geschlafen. Direkt neben uns hat um 10 Uhr nachts ein Kühllastwagen parkiert. Damit seine Waare nicht schlecht wird, musste er den Motor die ganze Nacht laufen lassen. Was für ein Lärm! Sogar Urs kapitulierte um etwa Mitternacht und hat sich Oropax reingesteckt. Erst das zweite mal auf dieser Reise überhaupt (das erste mal war in einem Partyhostel). Wir sind trotzdem gut gelaunt. Dies war echt nicht der beste Zeltplatz den wir bisher hatten, dennoch hatte er was ganz besonderes. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht packen wir unsere sieben Sachen und beobachten wie die Lastwagenfahrer nach und nach aufbrechen.Auch wir fahren früh los. Es gibt zwei mögliche Routen, die wir nehmen können. Eine führt weiter der Küste entlang, die andere führt gleich hoch in die Berge. Wir möchten zwar gerne in die Berge, aber unser Karten-app sagt uns, dass es viele Strecken mit einer Steigung von 20 % auf dieser Route hat. Wir bleiben an der Küste.
Viele tropische Pflanzen zieren den Weg. Durch den vielen Regen ist alles um uns herum unglaublich Grün. Wir sehen viele vorallem kleinere Tiere, viele Schmetterlinge, Insekten und Vögel. Die Landschaft gefällt uns sehr gut. Und auch das Wetter ist, abgesehen von der hohen Luftfeuchtigkeit und den täglichen Regenfällen, angenehm. Die Strassen sind eingermassen ruhig und da wir der Küste folgen, warten insgesamt nur etwas 500 Höhenmeter auf uns. Wir kommen schnell vorwärts, höhren Höhrbücher und geniessen die Szenerie.
Plötzlich nehmen wir bei Fränzis Fahrrad ein Geräusch wahr. Zuerst finden wir die Ursache nicht. Nach etwas Suchen sehen wir es dann: Bei ihrem Hinterrad ist eine Speiche gebrochen. Sofort kippt bei Franziska die Stimmung etwas ins negative. Nach dem defekten Vorderrad und Problemen mit dem rechten Pedal bricht nun auch noch eine Speiche. It is what it is.. Ein weiterer Ausrüstungsgegenstand, der den Tribut der Zeit zahlt. Wir fixieren die gebrochene Speiche so gut es geht uns sparen uns die Reparatur für den Abend auf (Man kann übrigens mit bis zu vier fehlenden Speichen fahren, kein Grund zur Panik).
Abends erreichen wir nach 120 gefahrenen Kilometern unseren Warmshower Host. Drei Russland-Kanadier, die ihr Erspartes zusammengelegt haben und in Costa Rica ein Hotel eröffnet haben. Sie sind beeindruckt von den Fahrradreisenden und haben deshalb entschieden, ihnen für eine Nacht einen gratis Zeltplatz anzubieten. Als wir ankommen, sind sie gerade gemütlich eins am Kiffen und schauen uns etwas überrascht an. Sie haben die Nachricht, welche wir zwei Tage zuvor gesendet haben, nicht gesehen. Alles aber kein Problem, wir können bleiben. Schnell ist unser Zelt aufgeschlagen und wir beginnen mit dem Materialunterhalt. Neben der Speiche muss Urs auch mehrere Schläuche flicken. Fränzi stellt währenddessen das Zelt auf und beginnt zu kochen. Irgendwann beginnt es leicht zu regnen. Dann stärker, und stärker! Wir sind etwas besorgt, denn unser Zeltplatz liegt etwas ungünstig am Hang. Zuerst machen wir ein paar zurückhaltende Witze, bis sich Urs entschliesst, nachschauen zu gehen. Und dann ist Eile am Mann! Der Hang sammelt grosse Mengen des Regens und lässt ihn als kleiner Strom unter unserem Zelt durchfliessen. In Windeseile ziehen wir die Heringe aus dem Boden und tragen das Zelt, samt «Innereien» in die Outdoorküche. Eilig schauen wir im Zelt nach, wie viel Schaden das Wasser angerichtet hat. Und siehe da: alles trocken geblieben! Glück im Unglück.
Am nächsten Tag fahren wir nur 14 Kilometer, direkt an den Waal-Strand (Playa Ballena). Dieser Strand ist ein Naturschutzgebiet. Zugang erhält man nur gegen eine gebühr von 8 USD. Oder man schleicht sich am Eingang vorbei. So wie wir. Der Strand ist sehr schön und ziemlich naturbelassen. Am Ufer gibt es ganz viel Schwemmholz und wenn man Glück hat, kann man hier Waale, Schildkröten und grosse rote Papageien sehen.
Auf dem Camping treffen wir zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einen Fahrradtourer. Luigi (oder so) aus Rom. Er ist nur einen Monat unterwegs, danach muss er wieder zurück nach Italien zur Arbeit. In den 4 Wochen fährt er von Panama nach Honduras. In der Regenzeit. Nicht gerade was wir empfehlen würden. Dennoch sehr schön einfach ein paar Geschichten auszutauschen und wieder mal einen Gleichgesinnten zu treffen.
Wir fahren am nächsten Tag für einige Stunden zusammen weiter. Dann teilen sich unsere Wege wieder. Er bleibt bis in Honduras auf der Autobahn (sonst reichen die vier Wochen nicht) und wir haben uns entschieden doch hinauf in die Berge zu fahren. Direkt vom Meer auf 3400 Meter. Da oben hoffen wir kühlere Temperaturen und trockenere Luft zu finden. Und in den Bergen ist es einfach schöner. Lange haben wir diesen Weg aufgrund der heftigen Steigungen ausgeschlossen, doch der Ruf der Berge ist zu stark. Wir verabschieden uns von Luigi und beginnen den Anstieg. Zuerst gehts mässig hoch, dann wirds richtig steil. Dennoch kommen nie Zweifel an unserer Entscheidung auf. Es geht Aufwärts=).
Nach eingem Suchen finden wir auf etwas 700 Meter über Meer eine Übernachtungsmöglichkeit mitten im Dschungel. Bei einem kleinen Haus eines Eco-Adventure Anbieters können wir unser Zelt aufschlagen. Der Besitzer zeigt uns kurz wo was ist und macht sich dann wieder aus dem Staub. Nicht aber ohne uns noch eine kurze Warnung zu geben. Falls es regnet, hätte es hier immer sehr viele Schlangen. Sie suchten dann einen trockenen Platz, nicht selten im Zelt. Die Schlangen seien zwar nicht gross, aber wirklich sehr giftig! Dankeschön… Später regnet es leicht. Zum Zelt zu laufen ist dann immer ein kleines Abenteuer. Wir klatschen in die Hände und machen so viel Lärm wie möglich. Dann öffnen wir ganz vorsichtig das Zelt und schauen ob sich irgendwas bewegt. Nicht gerade angenehm. Es bewegt sich zum Glück nichts. Morgens als wir aufstehen dann das Selbe. Bevor wir das Innenzelt öffnen, klopfen wir ein paar mal kräftig in allen Ecken auf den Boden. Es bewegt sich nichts. Dann einen Blick unters Aussenzelt. Auch nichts. Glück gehabt, die Luft ist rein.
Weiter gehts den Berg hoch. In San Isidro legen wir einen Ruhetag ein. San Isidro ist der letzte grössere Ort vor der Hauptstadt und perfekt um nochmals Essen einzukaufen und sich zu entspannen. Dann beginnt der eigentliche Anstieg. Alle Karten-Apps sagen uns, dass es richtig steil wird, weshalb wir diesen Weg erst vermeiden wollten. Wir fahren und fahren, doch die Strasse steigt selten über 10 %. Hier wurde wohl in den letzten Jahren viel gebaut und die Steigung etwas entschärft. Anstatt zwei Tagen Schinderei fahren wir einen sehr schönen und gleichmässigen Anstieg hoch und können die Fahrt richtiggehend geniessen. Je höher wir steigen, desto Spektakulärer wird die Aussicht. Jedenfalls morgens. Denn die ganze Hitze und Feuchtigkeit der Küste beginnt sich hier in den Bergen ab der Mittagszeit auszuschütten. Morgens hat man stahlblauen Himmel, etwa um 10 Uhr ziehen dichte Nebelschwaden auf und aber 12 Uhr setzt der Regen ein.
In der Hälfte, nach etwas mehr als 1400 Metern Steigung finden wir eine Unterkunft für die Nacht. Die Auswahl ist sehr beschränkt, doch wir haben Glück und finden eine sehr nette Berghütte. Von der Gastgeberin kriegen wir eine Tüte Früchte geschenkt. Unter anderem pflückt sie eine Menge Aepfel für uns. Das ist etwas spezielles, denn seit Kolumbien sind Aepfel etwas sehr teures. Sie wachsen in dieser Hitze nicht mehr und müssen deshalb importiert werden. Ein Kilo Aepfel ist deshalb etwa doppelt so teuer wie in der Schweiz.
Nach einer erholsamen Nacht gehts die übrigen 1400 Höhenmeter hoch ins Naturschutzgebiet. Wie erwartet wird es richtig kalt. Wir geniessen die wohlverdiente Abkühlung. Durch dichten Nebel fahren wir in mystischen Landschaften. Für die tropischen Pflanzen ist es hier oben zu kalt. Nachts kann die Temperatur bis fast auf Null Grad fallen. Dennoch ist die Vegetation üppig und überaus dicht.
Ab dem Mittagessen werden wir verregnet und beginnen deshalb gleich mit der Abfahrt. 700 Meter weiter unten finden wir bei einem Forellenteich einen geeigneten Zeltplatz. Am Wochenende kommen viele Ticos aus der Hauptstadt hierher zum Fischen. Unter der Woche herrscht tote Hose. Wir können unser Zelt direkt am Fluss aufstellen und haben unser eigenes Hexenhäuschen wo wir dem Regen entfliehen und kochen können. So ein schöner Platz: Wir entschliessen uns gleich einen Tag zu bleiben.
Den restlichen Teil der Abfahrt bewältigen wir in Windeseile. Es ist Samstag. Dementsprechend viele Gümmeler sind unterwegs. Ein richtiger Grüezi-Berg. Bei einem Kaffee quatschen wir mit einigen. Und siehe da, eine der Mountainbikerinnen war erst kürzlich in Luzern. Sachen gibts! Die Fahrt hinein nach San Jose ist dann sehr abenteuerlich. Wir bleiben gezwungenermassen lange auf der Autobahn. Wie alle anderen Fahrradfahrer auch. Eine nicht ganz ungefährliche Strecke. Unbeschadet und erleichtert kommen wir um zwei Uhr heil bei unserem AirBnb an. Fränzi hat etwas ausserhalb des Zentrums ein wahres Bijoux entdeckt!
Jean Paul öffnet uns das Tor. Dahinter wartet ein richtig schönes und grosses Haus, bewohnt von einer super netten Familie. Wir fühlen uns sofort wie zu Hause. Besonders die Küche gefällt uns. Sie ist eingerichtet, dass locker 3 Parteien gleichzeitig kochen können (hat zum Beispiel 3 grosse Kühlschränke) und ist mit allem ausgestattet was es so gibt. Und das Beste: im Garten gibt es rund 50 Chilisträucher, Bananen-Palmen, Mangos, Limetten, Orangen, Zitronen und noch vieles mehr. Es gibt so viel, dass zum Beispiel immer ein grosser Eimer Limetten zur freien Verfügung in der Küche steht. Wir geniessen die Zeit hier sehr! Echt toll, die Woche bis zum Abflug nach Mexiko hier verbringen zu können. Wir lernen von der Familie sehr viel über Costa Rica und unternehmen zusammen Ausflüge nach San Jose.
Die Zeit vergeht wie im Flug und schon fast sitzen wir im Fliegernach Mexico City. Land 9 auf unserer Reise. Honduras und El Salvador lassen wir, aufgrund Zeitmangels und interessanter Sicherheitslage aus. Dafür werden wir eine Woche in Cancun bei Freunden Strandferien machen. Ab in den Urlaub vom Urlaub!
PS: Eine kurze Anektote zu San José, der Hauptstadt von Costa Rica. Trotz seiner grösse mit über zwei Millionen Einwohnern (Ballungsraum), gibt es vielerorts keine Strassennamen und Nummern. Möchte man jemandem einen Brief senden, gibt man anstatt der Addresse einfach eine Beschreibung an. Zum Beispiel: „Franziska Rüegg, 200 Meter südlich vom grünen Haus im Barrio 13, San Jose“. Der Alptraum eines jeden Briefträgers!